Geschrieben von: Conny Beckötter

Island Juni 2009 – Insel aus Feuer und Eis

 

Der erste Sommerurlaub ohne Kids führte uns erstmalig Richtung Norden nach Island. Hotelpreise und vor allem der hohe Grad an Flexibilität hat uns die Entscheidung für ein Wohnmobil leicht gemacht. Um den maximalen Grad der Unabhängigkeit zu erreichen, haben wir uns für ein Womo mit Dusche und WC entschieden. In Island ist ausser in den Nationalparks freies Campen erlaubt. Da leider unser Laptop-Ladegerät bereits am ersten Tag den Geist aufgegeben hat, mussten wir doch häufiger mal einen Campingplatz aufsuchen, um Strom zu ‚tanken‘.
Die Campingplätze sind häufig große Wiesen, ohne Platzbeschränkungen. Die Organisation ist sehr locker, manchmal kommt der Kassierer um 23 Uhr und manchmal garnicht. Die Preise sind sehr günstig (< 10 Euro für 2 Personen, 1 Womo und Strom) und die Santitäranlagen super sauber – Wie machen die Isländer das?

29.6.2009 Halbinsel Reykjanes – Blaue Lagune

Wir starten unsere Inselumrundung auf der 44 in Richtung Hafnir (gegen den Uhrzeigersinn) und sehen uns zuerst die Halbinsel Reykjanes an. Es blüht an jeder Ecke, sogar in den Spalten des Asphalts.

Die Blaue Lagune (Bláa Lónið) ist die angeblich bekannteste Attraktion Islands und liegt inmitten eines tristen Lavafeldes. Conny ist es zu kalt zum baden, auch wenn das Wasser 38°C warm ist. Das Wasser wird durch die Abwärme eines Wasserkraftwerkes geheizt. Die „Blaue Lagune“ ist eher milchig-trüb und nur ganz leicht hellblau. Trotz 20 Euro Eintritt tummeln sich so einige im Wasser und beschmieren sich mit dem weißen Schlamm.

Es geht weiter an der Küste auf der 427 gen Osten zum Geothermalgebiet Seltún hinter Krýsuvik. Rauchsäulen steigen zum Himmel und es riecht nach Schwefelwasserstoff (faulen Eiern). Überall blubbert es in den Pfützen und wir sehen unsere ersten Solfatare. Der Dampf erwärmt das ganze Gebiet, so dass man im T-Shirt herumlaufen kann. Teilweise sieht der Felsen richtig gelb wie Schwefel aus. Bei der Weiterfahrt auf der Schotterpiste 427 verpassen wir irgendwie den Vogelfelsen Krísuvíkurberg. Aber den Abzweig zur Strandkirkja finden wir und so besuchen wir die berühmteste Strandkirche der Südküste. Hier wurden laut Legende Seefahrer von einem Engel in Sicherheit geleitet und errichteten zum Dank die Kirche.

Reykjanes ist nicht nur wegen seiner geothermischen Aktivitäten bekannt, es ist auch Elfenland. An der Strandkirkja entdecken wir in jedem Hügel kleine Häuserfronten, wie Puppenhäuser. Hier gehen die Elfen ein und aus.

 

30.6.2009 Geysir und Gullfoss

Morgens fahren wir an der Küste auf der 42 lang in Richtung Porlákshöfn. Weiter geht es dann über die 34 nach Eyrarbakki, wo wir uns eines der ältesten Häuser Islands, das „Husíð“ ansehen. Auf Reykjanes haben wir festgestellt, dass wir mehr Schafe als Menschen sehen. Ab Selfoss ändert sich das. Hier sind auch einige Radler unterwegs und wir bewundern deren Durchhaltevermögen gegen Wind und Berge. Über die 35 Richtung Reykholt erreichen wir den Vulkankrater Kérið., ein gleichmäßiger Maar, 55m tief und wie ein Amphitheater geformt.

Unsere Tour entwickelt sich zum Kirchen-Natur-Trip. In Skálholt besichtigen wir die Kirche, hier wurde 1550 der letzte katholische Bischof geköpft, der eine Gegenreform (mit dem Schwert) gegen die lutherische Übernahme startete. Die Kirche wurde 1963 neu eingeweiht und ist relativ modern. Durch die bunten Mosaikfenster leuchtet das Sonnenlicht rein. Am Altar ist ein tolles buntes Steinmosaik.

Danach steht Natur auf dem Programm und wir halten erst wieder am Geysir. Gleich nachdem wir das Gelände betreten haben, bricht der Strokkur, das Butterfass, das erste Mal aus. Zuverlässig alle 5-10 Minuten schießt seine Wassersäule 10 bis 20m hoch, mal mehr, mal weniger. Aus vielen anderen Löchern, z.B. dem Litle Geysir gluckert und blubbert es. Ich bekomme im Schwefelwasserstoffdampf wieder Erstsemestergefühle des Pharmaziestudiums. Gut, dass die Kleidung den Geruch nicht so schnell annimmt.
Nach fast 1 ½ Stunden und einem Magnum auf der Terrasse fahren wir weiter zum Gullfoss, dem „goldenen Wasserfall“. Über zwei Stufen stürzen die Wassermassen 70m tief runter. Die Temperatur beträgt 21 °C und unsere Skiunterwäsche bleibt im Schrank. Am Gullfoss entsteht sofort ein Regenbogen, wenn die Sonne hinter den Wolken hervorlugt. Wir gehen den Pfad zu den Kaskaden und werden dabei nass, denn die Gischt sprüht hoch und das umliegende Land ist schön grün.
In Flúðir finden wir einen Campingplatz und mieten uns für 1700 ISK für eine Nacht ein. Gut, dass unser WoMo überall Fliegengitter hat.

 

1.7.2009 Von Wasserfällen und Wikingern

Wir wissen immer noch nicht, wann und ob es tatsächlich irgendwann dunkel wird. Uns kommt es eher so vor, als ob eine leichte Dämmerungsphase zwischen den hellen Stunden besteht. Nach dem Frühstück starten wir zunächst über die 30 in Richtung Selfoss. Bei Klettau biegen wir auf die 32 und fahren in Richtung Hochland. F-Straßen (Hochlandstraßen) sind für das WoMo verboten, auf denen sind wir nicht versichert und wenn wir „get lost“, dann sind wir wirklich verlassen. Aber noch ist es keine F-Straße. Heute bricht schon früh die Sonne durch die Wolken und gegen 10 Uhr sind wir an unserem ersten Wasserfall heute, dem Hjálparfoss. Hier legen einige Jugendliche (sieht wir Strafcamp für schwererziehbare Teenies aus) den Weg zum Fall mit Rollrasenplatten aus (auf Schotter!, macht man das hier so?) Der Hjálparfoss ist zwar nur 9m tief, aber durch seine zweigeteilte Formation nett anzusehen, besonders wenn die Sonne draufscheint. Das Wasser schimmert in einem tollen grün. Nach diesem Wasserfall wollen wir auch den zweiten in dieser Ecke sehen, den Háifoss. Der „Hohe Fall“ ist der zweithöchste Wasserfall Islands mit 122m. Ab Stöng kann man ihn in einer 6-stündigen Wanderung erreichen. Das ist nichts für uns – wir haben doch ein Auto! Iwanowski meint, man kann mit einem normalen PKW direkt oberhalb des Falles parken. Der Baedecker sagt: Mit 4WD-Autos kann man über den Kontrollweg für Hochspannungsleitungen dort hin. Wir meinen: Unser WOMO kann das auch und so starten wir unsere erste Hochlandtour auf einer Schotterpiste, die wahrlich nicht für WoMos geeignet ist. Aber sie ist nicht mit einem F gekennzeichnet. Der Ford kommt schon an seine Grenzen und nach 7,5 km müssen wir kapitulieren, denn ein kleines Bächlein (leider in einer sehr tiefen Rinne) versperrt uns den Weg. Wir versuchen es zu Fuß weiter, geben aber nach 10 Minuten ohne Erfolg auf. Außer dem Hinweisschild haben wir nichts vom Háifoss gesehen.

Im Einzugsgebiet der Wikinger muss man auch ein Langhaus besichtigen, denken wir. In den Reiseführern habe ich gelesen, dass in Stöng eines ausgegraben und nach den Erkenntnissen dieser Ausgrabung originalgetreu aufgebaut wurde. Der Stöng-Hof steht allerdings nicht in Stöng, sondern in Pjóðveldisbær. Für 1200 ISK dürfen wir 2 ihn besichtigen. Unser Kommentar zum Langhaus: Ganz nett und interessant wenn man auf Wikinger steht.
Wir haben genug von Schotter- und Hochlandpisten und wollen nur noch zur Ringstraße zurück. In Hella tanken wir erstmalig an einer Tankstelle, an der man nur mit Kreditkarte und PIN bezahlen kann. Ungünstig, dass man vorher den Betrag, für den man tanken will, eingeben muss. Da neben dem Stöng-Langhaus auch eine nachgebaute Wikingerkirche stand, brauchen wir für Kirchen heute nicht mehr zu halten und fahren gleich zum nächsten Naturerlebnis, einem Wasserfall, dem Seljalandsfoss. Da er von der Straße aus zu sehen ist, können wir ihn nicht verfehlen, die Busse aber auch nicht. Der Seljalandsfoss stürzt 40 m in die Tiefe und man kann auf einem rutschigen, steinigen Weg hinter dem Fall gelangen. Dabei wird man klatschnass, trotz Regenkleidung. Aber solch eine Gelegenheit darf man sich nicht entgehen lassen.

In den Wiesen blüht hier auch das Wollgras und Dieter holt sich nasse Füße, um „mein“ Foto vom weißen Wollgras zu schießen. Da es noch nicht so spät ist und noch hell, fahren wir zum dritten Wasserfall heute, dem Skógarfoss. Auch der ist von der Ringstraße sichtbar, der schönste Fall im Süden, 60m hoch und 25m breit.
Auf der Suche nach einem Campingplatz geht es weiter auf der Ringstraße. Beim Abzweig Cap Dyrhólaey denken wir, dort könnten wir bleiben, aber das Schild am Ende der Schotterpiste „no overnight staying“ verbietet uns das. Der WoMo-Führer empfiehlt einen Platz am Ende der 215 bei Garðar und wir versuchen unser Glück. Mittlerweile ist es 19 Uhr, doch der Parkplatz ist noch voll PKWs. Wir stellen uns an den Rand und bleiben über Nacht. Gegen Mitternacht sind auch die letzten Besucher weggefahren.

 

02.07.2009 Vik bis Joekulsarlon

In der Nacht hat es mächtig geschüttet und wir sehen aus dem Fenster mehr Nebel als Landschaft. Das Felsentor vom Cap Dyrhólaey verschwindet im Nebel und taucht nur kurzzeitig wieder auf. Morgens machen wir uns auf den Weg durch ein Lavagesteinsfeld zur Höhle von Reynisfjall. Hier sollen Trolle leben, wir sehen aber nur Vögel, auch Papageientaucher auf den Felsen. Der Name Reynisfjall deutet wohl schon auf ein Übermaß an Regen hin, was wir bestätigen können.

Über die Ringstraße geht es an Vík vorbei nach Osten. Zunächst kommen unendliche Wiesen mit den typischen blauen Alaska-Lupinen, die den Nitratgehalt des Bodens steigern sollen. Man sieht weit und breit mur einen blauen Teppich. Dann ändert sich das Bild. Wir sind im Eldrhaun. Hier hat der Lakikrater beim Ausbruch 1783 ein 550km² großes Lavafeld zurückgelassen, das jetzt fast vollständig von dickem Zackenmützenmoos bedeckt ist.

In Kirkjubæjarklaustur halten wir, um den „Kirchenfussboden“, den Kirkjúgólf inmitten einer Schafswiese anzusehen, ein Naturpflaster aus den Endstücken unterirdischer Basaltsäulen. Das hätten wir uns auch sparen können. Nächster Stopp ist in Núpsstaður auf einem alten Torfgehöft mit einer Reihe Grassodenhütten und der kleinsten Grassodenkirche Islands (Platz für 30 Personen).

Der Hof wurde durch den Postreiter Hannes Jónsson bekannt, der Reisende (1900 – 1950) sicher durch das gefährliche Skeidarársandur-Flussgebiet geführt hat. Über das Sandergebiet, eine schwarzsandige Wüste, fahren wir zum Nationalpark Skaftafell.

Hier „müssen“ wir wandern, denn wir wollen den Svartifoss sehen, einen Wasserfall, der über schwarze Basaltsäulen hinabstürzt. Dazu laufen wir 1,5 km durch üppige Vegetation, fast immer bergauf. Da wir am Gletscher Vatnajökull sind, haben wir uns besonders warm angezogen und wundern uns über die Leute, die uns im T-Shirt entgegenkommen. Nach kurzer Zeit wird die Regenjacke um die Hüften gebunden und die Fleecejacke in die Hand genommen. Wir wandern im T-Shirt weiter.

Nach der Wanderung zum Svartifoss haben wir eigentlich genug. Wanderurlaub wird sicher vorerst nicht unser bevorzugtes Reisehobby. Nach der 3 km –Tour besuchen wir die Cafeteria, um unsere verbrauchten Kalorien mit Kuchen wieder aufzufüllen.

Danach geht es weiter ins Gletschergebiet. Am Fjallsarlón, dem ersten Gletschersee, fahren wir fast vorbei. Hier gelangen auch nur wenige Verrückte hin. Schon vom WoMo aus kann man die beeindruckende Gletscherlagune sehen. Wir sind scheinbar noch nicht genug gewandert und steigen über Geröll ab zum Wasser, auf dem blaue schimmernde Eisblöcke treiben. Noch ist das Eis nicht geschmolzen, trotz Klimaerwärmung. Den zweiten See, den Breiðárlón verpassen wir irgendwie, denn plötzlich sind wir am Jökulsárlón. Zuerst sind wir enttäuscht, die Eisberge sind so schmutzig.

Wir erwischen die letzte Bootstour auf den See (2800 ISK p.P.) und erfahren, dass das Gletschereis 1000 bis 1500 Jahre alt ist und der Schmutz von den Bergen stammt, über die der Gletscher gerutscht ist.

Ein Stückchen Eis dürfen wir probieren – sauberes Eis. 10% des Eises schwimmt über dem Wasser (bei Titanic waren es noch 1/3 des Eisberges). Am Gletscher ist die Lagune nur 20 m tief, in der Mitte 200 und es gibt Eisberge, die über den Grund schrammen. Die Lagune wird ständig größer, da Meerwasser reinströmt mit den Gezeiten und das Salzwasser das Eis schneller schmelzen lässt. 700 Robben leben in der Lagune, lassen sich jedoch nicht sehen. Nach 30 Min. ist unsere Bootfahrt beendet und wir sind leicht durchfroren. Auf dem Parkplatz des Jökulsárlón verbringen wir die Nacht.

 

 

03.07.2009 Ostfjorde

Wir fahren morgens nochmals zu den anderen Gletscherseen an der Südküste. Tatsächlich finden wir eine unbeschilderte Schotterpiste, die zum Breiðárlón führt. Leider schwimmen auf dem See keine Eisberge. Der Fjallsárlón sieht heute auch ganz anders aus als gestern abend, aber das täuscht, wie die Bilder uns zeigen. Über die Ringstraße geht es weiter.

Die Ringstraße ist, wie der Name besagt, eine Straße, die ringartig um Island herumführt und die bestausgebauteste Straße in der Pampa. Uns scheint sie eher wie eine unbefestigte, einspurige Landstraße und erinnert etwas an die Hauptstraßen in Namibia. Da Island von Bächen und Flüssen durchzogen ist, gibt es auf der Ringstraße eine Vielzahl von mehr oder weniger alten Brücken. Fast alle sind „einbreid bru“s, d.h. nur eine Spur breit. Wer zuerst kommt, darf fahren, der andere muss warten. Wir fahren fast immer zuerst, auch wenn wir später kommen, aber wir haben das größere Auto und einen durchsetzungsfähigen, männlichen Fahrer.

In Höfn decken wir uns nur mit neuen Lebensmitteln ein. Über die 1 fahren wir an den Ostfjorden lang. Die Straße zieht sich ziemlich hin, weil die Fjorde z. T. tief ins Landesinnere gehen und alle umfahren werden müssen. Außer Natur gibt es hier nichts. Unterwegs sehen wir einige der 450.000 Schafe, die hier „unfenced“ herumlaufen. Man hat nicht den Eindruck, dass es viele Schafe sind, weil sie immer nur in kleinen „Familienformationen“, ein Schaf und 2 Lämmer, herumgrasen. Große Herden wie bei uns scheint es nicht zu geben. Außer den Schafen sehen wir viele Vögel, meist Enten, Gänse und Schwäne und die schwarzweißen Austernfischer. Ein Austernfischer brütet sogar direkt am Straßenrand.

Heute schaffen wir die 300 Freikilometer pro Tag locker. Über eine Schotterpiste geht die 1 durchs Gebirge. Am Lögurinn-See oder auch Lagarfljot finden wir einen Campingplatz, aber an der Rezeption ist niemand. Ein Mitcamper sagt uns: Irgendwann kommt schon einer zum Kassieren und wenn nicht, dann fährt man eben ohne zu bezahlen wieder weiter. Der Lögurinn-See ist das Loch Ness von Island. Nessi heißt hier Laggi und ist ein langer Wurm. Wir legen keinen Wert darauf Laggi heute nach zu sehen, obwohl wie direkt am See stehen.

 

04.07.2009 Lögurinn-See, Dettifoss, Melrakkasletta

Leider setzte nachts der Regen wieder ein, der am Morgen anhält, so dass wir die Wanderung zum Hengifoss streichen, es regnet uns zu sehr. Dann haben wir auch den drittgrößten Wasserfall nicht gesehen, was soll’s. Noch haben wir ja eine Chance auf den höchsten. Halb 10 in Island, alles schläft, nur die Hundebesitzer haben schon ihren ersten Gang gemacht. Wir verlassen dieses nette, aber nasse Fleckchen Erde und fahren über Egilstaðir (lohnt keinen Stopp) zur Ringstraße zurück. Unser erstes Ziel ist der Dettifoss. Dafür müssen wir aber das Gebirge überqueren. Die 1 ist dort größtenteils nur als Schotterpiste vorhanden und nicht in besonders gutem Zustand. Teilweise ist es zudem so neblig, dass wir nur 20km/h fahren können und die Sichtweite nicht mehr als 10 m beträgt. Aus dem Nichts (Nebel) stürzen überall am Straßenrand Wasserfälle herab. Etwas unheimlich ist es schon.

Nach Verlassen der Ringstraße, auf der 864 gibt es zwar keinen Nebel mehr, aber die Piste verdient ihren Namen nicht. Da sind ja sogar die gravel roads im tiefsten Afrika besser. Am Dettifoss selbst ist es relativ voll, so dass wir für unser WoMo erstmalig einen Parkplatz suchen müssen. Laut Iwanowski ist es der größte Wasserfall Europas, auf 25 m Länge prasseln 200 m³ Wasser pro Sekunde die 45 m runter. Man kann bis an die Abbruchstufe herangehen. Die Sonne scheint, der Regenbogen ist da und ich denke: perfekt. Aber einem Fotografen kann man es nicht perfekt gestalten. Entweder ist es zu diesig, zu dunkel, zu flach oder die Sonne scheint aus der falschen Richtung. Der Dettifoss stürzt in eine Schlucht, die der Jökulsá á Fjöllum, der Fluss gegraben hat. Sie wird auch als „europäischer Grand Canyon“ bezeichnet. Zu Recht, meinen wir. Wir wollen zumindest einen „Kollegen“ des Dettifoss sehen und wandern die 1,4 km am Rand des Flusses aufwärts zum Selfoss. Es geht über einige Felsen stets bergauf, bis wir den 12 m hohen Selfoss erreichen, der in viel breiterer Kaskade abfällt. Hier sind wir allein, die Wenigsten nehmen die 30 Min. Wanderung auf sich, oder der Fotostopp des Busses ist zu kurz.

Den Hafragilsfoss können wir leider mit unserem WoMo nicht erreichen, da die Zufahrtstraße zu steil und kurvig ist. Über die Holperstrecke fahren wir weiter nach Norden nach Raufathöfn auf der Halbinsel Melrakkasletta. Da wir kurze Strecken lieben, biegen wir in Sansfell von der 865 ab und befahren jetzt die 867. Gleich am Beginn der Straße steht ein Schild „opið Öxarfjarheidi“. Eigentlich hätte uns das zu denken geben sollen. Die Straße ist so schmal, dass uns möglichst keiner entgegen kommen sollte. Ausweichen ist nicht möglich. Die ersten 2 Bäche, die wir überqueren müssen, kommentiert Dieter noch: „Er hat ja nicht mal aufgesetzt.“ Aber die 3. Furt gibt uns zu denken. Gott sei Dank kommt einer der vielen netten, freundlichen Isländer vorbei und erklärt uns: „passt, folge mir.“ Es ging, aber nur knapp! Die Straße ist nur drei Monate im Jahr geöffnet. Da muss ein Kartograph gepennt haben und das F vergessen haben! Nach 39 km haben wir die Piste geschafft, jetzt folgen nur noch 28 km normaler Schotter dann sind wir endlich in Raufarhöfn, der nördlichsten Ortschaft (220EW) Islands. Menschen sehen wir keine und sowohl Cafeteria als auch Hotel sehen aus, als hätten sie schon bessere Zeiten erlebt. Gut, dass wir uns selbst versorgen können. Im Norden am Meer merkt man schon, dass Grönland nicht weit ist. Es ist deutlich kühler und windiger. Der Name der Halbinsel Melrakkasletta bedeutet „Fuchsgrund“, wahrscheinlich weil sich hier Fuchs und Hase gute Nacht sagen. Die Polarfüchse schlafen leider.

 

05.07.2009 Waltour in Húsavík

Auf die Mitternachtssonne mussten wir wegen der vielen Wolken verzichten. Morgens wollten wir jedoch einen Strandspaziergang machen und uns das Treibholz ansehen, aber außer einigen Felsen am Meer war kein Strand zu sehen. Über die 85, wieder eine Schotterpiste wollen wir zum nördlichsten Punkt Islands, einem Leuchtturm, nach einiger Zeit ist die Strecke jedoch nur noch Allrad geeignet. Auch den Vogelfelsen Rauðinúpur sehen wir nicht, ein Bauernhof namens Gjötnes stoppt uns durch ein verschlossenes Tor. Bis Kópasker geht es auf der Ruckelpiste weiter. Der Ort ist durch ein Feld mit kreativen Vogelscheuchen im Reiseführer gelandet – sonst gibt es hier nichts. Endlich wieder Asphalt! Über die 85 geht es nach Húsavík, der Walhauptstadt Europas.

Für 48€ p.P kann man mit 99%iger Sicherheit Wale sehen. Trotz der Empfehlung Reisetabletten gleich mit zu kaufen, verzichten wir darauf. Bumpy sea können wir vertragen. Die von uns gebuchte 15.30 Uhr-Tour entfällt wegen Sturmes und wir nehmen die 17 Uhr Fahrt auf einem größeren Schiff. Wir wollen Wale sehen. Unsere Vermutung geht eher dahin, dass die frühere Tour nicht genügend gebucht wurde und deshalb ausfiel…. Die See war wirklich ziemlich bumpy und wir werden trotz Regenmänteln klatschnass, da das Wasser in Massen über die Reling schwappt. Fazit: Enttäuschend! Drei Stunden auf See und nur in Entfernung Wale, die nicht mal richtig auftauchen. Die Reiseleitung wies aber mehrfach darauf hin, dass wir einen Minke-Wal und einen Blauwal gesehen haben, dass größte Lebewesen der Welt. Stimmt, aber so weit weg, das sich selbst bei 500 Tele kein Foto lohnte. Vielleicht sind wir auch ‚etwas‘ verwöhnt durch die Waltouren in Australien. In Húsavík kann man wunderbar essen gehen im Gamla Baukur-Restaurant, meinen die Reiseführer. Nach einer Woche haben wir das verdient, denken wir. Eine Stunde und 5000 ISK später beschließen wir morgen wieder selber zu kochen.

 

06.07.2009 Mývatn – „Mückensee“

Heute haben wir nur eine kurze Strecke vor uns, 60 km bis zum Mývatn, dem „Mückensee“, den wir von Westen nach Osten umfahren. Erster Halt ist in Skútustaðir, bei den Pseudokratern. Sie entstanden, als sich heiße Lava über wasserhaltiges Gelände geschoben hat. Der Wasserdampf ist explosionsartig nach oben entwichen und hat dabei die Lava mit Schlackenrändern aufgerissen. Da niemals wirklich Auswurf herauskam, nennt man die Krater „Pseudokrater.“. Wir finden es sieht eher nach einer hügeligen Wiese aus, da alle Krater stark von Gras überwachsen waren. Der Mückensee macht hier seinem Namen alle Ehre, wir werden mächtig umschwärmt. Angeblich soll es im Juli nicht so stark sein, da die Mücken im Juni und August schlüpfen. Es handelt sich auch um Kriebel- und Zuckmücken, die nicht auf menschliches Blut stehen. Gut so.

Auf geht es zum nächsten Highlight, Dimmuborgir. Auf rund 1 km² stehen die bizarrsten Felsformationen, die „dunklen Burgen“. Vor ca. 2000 Jahren war hier ein Lavasee aufgestaut. Als das Wasser unter der Lava verdampfte und der Dampf hochstieg, erstarrte die Lava zu diesen seltsamen Formationen. Nach einer Wanderung zwischen den Felsen geht es weiter zur Grjótagjá, einer mit Wasser gefüllten Spalte, in der man vor 1980 noch baden konnte. Mittlerweile ist die Wassertemperatur auf 50°C angestiegen, also selbst für Warmduscher zu heiß. Nach einem Tankstopp in Reykjahlið, der Hauptstadt am See besuchen wir das größten Solfatarenfeld Islands, den Hverir am Fuße des Námafells.

Auf abgesteckten Pfaden kann man zwischen dampfenden und brodelnden Schlammpötten spazieren gehen. Die Erde ist sehr unterschiedlich gefärbt, von grau über gelb und orange bis weiß, je nach chemischer Zusammensetzung der Dämpfe. Teilweise ist sie so ausgetrocknet, dass sich Risse gebildet haben. Zum Abschluss des Tages besuchen wir noch den Viti-Kratersee, der beim so genannten Mývatnfeuer, einem Ausbruch des Krafla 1724 entstanden ist.

 

07.07.2009 Godafoss Akureyri

Heute steht der Godafoss auf dem Programm, der Skjálfandafljót, der zweitlängste Fluss Islands stürzt hier 12 m tief in eine Schlucht. In der Mitte ist der Fall durch eine Insel geteilt. Der Godafoss, „Wasserfall der Götter“ bekam seinen Namen vom Häuptling Porgeir, der sich im Jahre 1000 für die neue, christliche Religion entschied und alle heidnischen Götterbilder in den Wasserfall warf.

Über eine gut ausgebaute Ringstraße geht es in unsere erste große Stadt in Island, Akureyri, hier wohnen 16.000 Menschen. Mit dem Stadtplan bewaffnet erkunden wir die Innenstadt. Da die Sonne scheint genießen alle den Tag in Straßencafés. Das Wahrzeichen, die Akureyrikirche erhebt sich über der Stadt. Die äußere Form soll an die Basaltformen des Hochlandes erinnern, innen an dessen Kargheit. Eines der Fenster im Chorbereich stammt aus der englischen Kathedrale Coventry. Es wurde, mit allen anderen, zu Beginn des zweiten Weltkrieges ausgelagert, um es vor der Bombardierung zu schützen. Die Akureyrier bekamen später die Gelegenheit eines der Fenster zu kaufen. Alle anderen Fenster wurden daran angepasst.

 

08.07.2009 Islandpferde und Robben

Der Museumhof Glaumbær ist mit einem kurzen Abstecher von der 1 auf der 75 sehr gut zu erreichen. Es handelt sich um einen altisländischen Torfbau, der mit Grassoden bedeckt ist. Vom Fjord her sieht es aus, als handele es sich um 5 Häuschen, da 5 weiße Türen zu sehen sind. Der Hof stammt aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Gleich daneben befindet sich die Kirche. Nur wenige Kilometer weiter steht die Torfkirche von Varmahlíð. Laut eines ehemaligen Staatspräsidenten handelt es sich bei ihr um „eines der stilechtesten und schönsten Beispiele altisländischer Baukunst“. Darum werden wohl auch 450 ISK Eintritt verlangt.

Über die Ringstraße geht unsere Tour weiter nach Blönduós. Auf dieser Strecke kommen wir an unzähligen Islandponys vorbei, denn hier ist das Hauptzuchtgebiet.

Wir nehmen den Abzweig auf die 716, da wir die Halbinsel Vatsnes umfahren wollen, um Robben zu sehen. Zunächst sind aber nur Schafe und Vögel unsere Begleiter.

Beim Hvitserkur, einem 15 m hohem Basaltfelsen im Meer halten wir. Auch hier hat sich laut Sage ein Troll nicht rechtzeitig vor Sonnenaufgang versteckt und ist zu Stein erstarrt. Wir steigen den Berghang herab, anstatt den gemütlichen Weg rechts vom Parkplatz zu nehmen und suchen die Robben. Mit Hilfe zweier Franzosen finden wir sie dann auch. Auf einer vorgelagerten Insel liegen sie faul herum. Leider weit weg von uns. Auch am Campingplatz Illugastaðír wollen die Robben sich nicht in Streichelnähe aufhalten. Wie begeben uns zunächst dazu wieder auf eine Wanderung. Nach einer halben Stunden sehen wir die Robben in modrigem Tang liegen, gar nicht fotogen.

 

 

 

09.07.2009 Wasserfälle

Da unsere Zeit für die Westfjorde nicht reicht, geht es jetzt wieder über die 1 nach Süden. Beim Abzweig nach Reykholt biegen wir ab zur Thermalquelle bei Deildartunghver. Die Quelle spuckt auf mehreren hundert Metern Länge rund 11.000 l kochendes Wasser pro Minute aus. Danach besichtigen wir den Hraunafoss, einem seltsamen Wasserfall. Es sieht so aus, als ob der Hraunfoss aus dem Berg herausquillt, ohne sichtbaren Fluss. Auf einer Länge von fast 900m schießt das Wasser eines unterirdischen Stromes über ein abgetrepptes Lava-Ufer in den Hvitá.
Etwas weiter liegt der Barnafoss, der „Kinderwasserfall“, so benannt, da hier 2 Bauernkinder verunglückt sind. Unser nächstes Ziel sollte der Glymur sein, der höchste Wasserfall Islands mit 200 m. Auf den Karten ist er kaum zu finden und auch im Reiseführer wird er nur nebenbei erwähnt.
Zunächst dachten wir, es läge an der schlechten Zufahrtstrecke, aber man muss auch noch einen 6 km –Rundweg beschreiten, um ihn zu sehen. Wir sind willig und machen uns auf den Weg, aber nach einer ½ Stunde kommen wir an eine Brücke, nein einen Baumstamm, der über einen „reißenden“ Gebirgsbach führt. Ich weigere mich ihn zu überqueren und wir drehen um.

 

10.07.2009 Pingvellir

Pingvellir, heißt „Tal des Things“, die Stätte des ersten Parlamentes auf europäischem Boden.

Von der Schlucht Almannagjá genießen wir einen tollen Blick auf die historische Stätte. Das Bild der Kirche und der Nationalparkverwaltung fehlt in keinem Reiseführer. Im Osten des Geländes liegt der Lögberg, der Gesetzesberg, der durch einen Flaggenmast weit sichtbar ist. Pingvellir ist nicht nur historisch von Bedeutung, auch geologisch. Die Ebene von Pingvellir ist als „isländische Dehnungszone“ bekannt, da hier die eurasische und die amerikanische Platte jedes Jahr ca. 8mm auseinanderdriften.

 

11.07.2009 Vogelfelsen Hafnaberg

Wir versuchen noch mal einen Vogelfelsen zu finden. Der Weg zum Krísuvíkurberg ist mit unserem WoMo unpassierbar und wir machen uns zu Fuß auf den Weg. Kein Hinweisschild, kein Mensch, kein Tier und kein Ende in Sicht! Irgendwann geben wir auf. Der Hafnaberg soll auch eine Vogelkolonie beherbergen und ist leichter zu finden. Hier gibt es auch einen gekennzeichneten Wanderweg und nach 45 Min erreichen wir die Abbruchkante zum Ozean. Leider sehen wir keine Puffins, obwohl es ein paar geben soll, dafür ist der Berg voll mit Eissturmvögeln und Dreizehnmöve. Wir können uns kaum losreißen.

Zurück in der Zivilisation kommen wir an der „bridge over two continents“ vorbei. Auch hier treffen die zwei tektonischen Platten (eurasisch und amerikanisch) zusammen und man hat eine Brücke über die Schlucht errichtet.

 

 

 

 

 

 

12.07.2009 Reykjavik

Unseren letzten Tag in Island verbringen wir in der Hauptstadt Reykjavik. Eine Stadt mit 115.000 EW kommt uns plötzlich riesig vor. Zuerst besichtigen wir die „Perle“ Perlan, das Heißwasserreservoir der Stadt, auf das ein Künstler eine Glaskuppel gesetzt hat. Hier hat man einen ganz guten Überblick über die Stadt.

Mit Entsetzen stellen wir von oben fest, dass die Hallgrimskirkja eingerüstet ist. Trotzdem fahren wir hin.Von außen bietet sie leider keinen sehr schönen Anblick mit dem Gerüst. Selten haben wir eine so schlichte Kirche von innen gesehen. Es gibt so gut wie keine Bilder, keine Statuen, nur weiße Wände und eine riesige Orgel. Den Rest der Zeit verbringen wir in der Fußgängerzone, die eigentlich gar keine richtige Fußgängerzone ist, da hier auch Autos durchfahren. Mit 23°C kommt es uns richtig heiß vor. Alle Cafés haben deshalb auch ihre Tische draußen aufgestellt und wir genießen ein Essen in der Sonne. Nach einem letzten Blick im Hafen auf das stilisierte Wikingerschiff, bringen wir unser WoMo zurück und treten die Heimreise nach Deutschland an.

Bei der Rückgabe des Wohnmobils weisst uns die Mitarbeiterin darauf hin, das sie sich an kein Jahr erinnern kann, an dem es zwei Wochen lang so schönes Wetter gab – man muss eben Glück haben.

 

 

PS: Weitere Bilder von Island im ‚Grossfromat‘ in der Fotogalerie.

 

Und was uns sonst noch aufgefallen ist:

  • Straßenverhältnisse
    In Island gibt es neben den Asphaltstraßen auch relativ viele Schotterpisten, gravel roads. Auch wenn es der männlichen Mentalität total widerspricht, kann man auf ihnen mit unserem WoMo höchstens 60km/h fahren. Dann klappert aber auch drinnen alles so sehr, dass man sein eigenes Wort nicht mehr versteht.
  • Isländische Architektur
    Isländische Architektur auf Reykjanes: gibt es die?
    Die Kirchen sind klein und niedlich und fast immer auf einem Hügel erbaut. Auch die Häuser sind klein und niedlich und erinnern an Puppenhäuser. Viele von ihnen hätten dringend einen neuen Anstrich nötig. Bei anderen denkt man an dänische Ferienhäuschen, aber hier leben ganze Familien drin. Fast alle Hütten sind ebenerdig, oder wenn es einen ersten Stock gibt, ist die Grundfläche des Hauses so groß wie eine großzügige Gästetoilette bei uns. Von Steinbauten scheinen die Isländer wenig zu halten, vielleicht weil man Steine nicht so farbenfroh anmalen kann.
  • Isländische Landschaften
    Atemberaubend, besonders wenn man so viel Glück mit dem Wetter hat wie wir.
  • Öffnungszeiten
    Uns ist aufgefallen, dass hier vor 10 Uhr nichts los ist, alles schläft und ist geschlossen.
  • Kleidung
    Eine Fleecejacke gehört zu Island wie Fisch und Schafe. Hier trägt fast jeder eine. Nirgendwo kann man so viele Modelle auf einmal sehen. Die Isländerin trägt fast nur schwarz, bevorzuht schwarze Leggins oder blickdichte Strumpfhose und Minirock, den jedoch möglichst kurz.
  • Der Islandtourist
    Er fährt mit einem WoMo und trägt Treckingschuhe, Zipperhose, Rucksack auch Wanderstöcke (die jedoch selten benutzt).
  • Ferien und Erziehung
    Unterwegs sehen wir immer wieder Jugendliche (12-15-jährige), die die Gossen vom Unkraut befreien, neue Weg anlegen und Beete pflegen. Zuerst haben wir noch gedacht, das sind Teenies, die ein „Erziehungscamp“ durchlaufen. Aber weit gefehlt. Die Kids haben in Island drei Monate Sommerferien (ansonsten Internatsschule) und damit sie sich nicht langweilen, beschäftigt sie die Gemeinde zur Pflege des Allgemeingutes. Kinderarbeit ist also erwünscht. Ca. 80% der Kids nehmen freiwillig an dem Programm teil und bekommen dafür ein Taschengeld.